Die heilige Halle vom Bilderstöckchen

Als ich meinem französischen Freund die ersten Fotos von unserem neuen Winterquartier schickte, stellte er die für Tireure alles entscheidende Frage: „Hilft der Heilige Geist beim Carreaux-Schießen?“ Die Frage ist berechtigt, wir können sie aber nach den ersten Trainingseindrücken noch nicht eindeutig beantworten. Wer immer schon gerne und erfolgreich auf Eisen schießt, kommt auch in unserer neuen Pop-Up-Boulehalle im Pfarrsaal der evangelischen Kirchengemeinde Nathanael mit einer guter Trefferquote klar. Die anderen müssen halt noch ein bißchen üben.
Was gerade in der Nathanael-Kirche stattfindet, ist das wahrscheinlich ungewöhnlichste Experiment in der deutschen Boule-Historie. Zum ersten Mal erlaubt eine Gemeinde, bei laufendem Betrieb in ihrem Gotteshaus Kugeln zu werfen. Weil die Heizkosten in den Himmel schossen, finden die Gottesdienste seit dem 1. Januar in einem kleineren, leichter zu beheizenden Gemeinderaum statt. Der Pfarrsaal hätte also drei Monate leer gestanden - wenn wir nicht unsere Idee präsentiert hätten, Kirchen zu Boule-Hallen umzugestalten.
Die Pfarrerin Reinhild Widdig lud uns zu einem Ortstermin ein, um auszuloten, ob das geht. Und siehe da: Es funktioniert - mit ein paar Kompromissen. Damit die Orgel nicht einstaubt, spielen nicht auf dem üblichen Kies-/Split-Gemisch, sondern auf speziell entwickelten Boulematten, die zum Teil schon bei Kim Rieger in seinem Restaurant „Hardy Kugel“ in der Südstadt zum Einsatz kamen. Die drei Meter hohen Glaswände rund um die Spielflächen schützen wir durch eine zweite Wand aus Spanplatten. Ein hoher Rahmen um jedes Spielfeld sorgt dafür, dass keine Kugeln über die Bande springen und Schäden am Altar oder der Orgel anrichten. Das Konzept überzeugte auch das Presbyterium. Kurz vor Weihnachten beschloss es einstimmig, uns - dem Nippeser Boule Club - ihr allerheiligstes bis zum 31. März anzuvertrauen.
Seitdem geht es Schlag auf Schlag. Am 2. Januar begannen die Umbauarbeiten. Eine Woche später rollten die ersten Kugeln.
Wir, das ist ein vergleichsweise kleiner Bautrupp: Jürgen Berke, Jonas Combüchen, Manni Donder, Christoph Pohlenz und Heribert Scholz-Seckler haben das Material transportiert, gesägt und geschraubt. Hinter den Kulissen: Ingmar Ackermann als Finanz- und Darius Tehrani als Digital-Chef.
Ab sofort können in der Nathanaelkirche an vier Tagen pro Woche (Mittwoch, Freitag, Samstag, Sonntag) Training und Mini-Turniere stattfinden - in der Regel zwischen 16 und 22 Uhr. Die Startgebühr für einen Slot mit drei Stunden Spielzeit beträgt 15 Euro. Die Reservierung erfolgt über ein Online-Buchungssystem, bezahlt wird unbürokratisch vorab per Paypal. Wir sorgen dann dafür, dass einer aus dem Team mit einem Schlüssel vor Ort ist und die Kirche öffnet.
Link: https://tinyurl.com/pop-up-boule
Die ersten NBC‘ler flachsen bereits, unsere erste überdachte Spielstätte sei - in Anlehnung an unser berühmtes Wahrzeichen - ein „Boulodom“. So schön das Wortspiel auch sein mag - es ist übertrieben. Denn im Grunde bespielen wir gerade mal zwei Pop-Up-Boulebahnen. Die spezielle Architektur des Saales mit einigen Stufen und Schrägen erlaubte lediglich das Anlegen von zwei versetzt angeordneten Spielfeldern (Maße: 2 x 10 Meter bzw. 2 x 9,70 Meter). Pro Bahn können also vier (Doublette) oder sechs Personen (Triplette) gegeneinander antreten. Nach Sonnenuntergang sorgen vier Flutlichtstrahler dafür, dass die Spielflächen hell ausgeleuchtet sind. Der BC Köln hat uns seine Anlage freundlicherweise für die kommenden zehn Wochen geliehen.
Jürgen Berke